Der Kampf um Entlastung im Krankenhaus

Martin Koerbel-Landwehr ist Personalratsvorsitzender der rund 6000 Beschäftigten an der Düsseldorfer Uniklinik. Gemeinsam mit seiner Gewerkschaft ver.di kämpft Martin Koerbel-Landwehr seit Jahren für mehr Personal, einer besseren Bezahlung und guten Arbeitsbedingungen im Düsseldorfer Krankenhaus. Mit breiter Unterstützung der Düsseldorfer LINKEN stellt sich Martin Koerbel-Landwehr bei der anstehenden Versammlung der LINKEN NRW als parteiloser Kandidat zur Wahl für einen der vorderen Listenplätze im bevorstehenden Landtagswahlkampf. Die Online-Redaktion der LINKEN Düsseldorf sprach mit ihm über seine Beweggründe, die Situation in den Krankenhäusern und die anstehende ver.di Entlastungskampagne an den Unikliniken.

Redaktion: Die Corona-Pandemie hat zu einer öffentlichen Debatte über den Zustand unseres Gesundheitssystems geführt. Politiker:innen, die noch zuvor für eine weitere Ökonomisierung des Gesundheitssystem waren, applaudieren nun den Pflegebeschäftigten. Wie bewertest du dies aus deiner Sicht als Personalratsvorsitzender in diesem Bereich?

 

Martin Koerbel-Landwehr: Die öffentliche Debatte ist scheinheilig und geht am eigentlichen Problem vorbei. Mit der Privatisierung vieler Krankenhäuser in den letzten Jahren, der Einführung der Fallpauschalen und den mangelnden Investitionen der Länder in die Krankenhäuser haben dieselben Politiker:innen dafür gesorgt, dass die Krankenhäuser ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen können. Dabei war es egal ob es eine SPD/Grüne- oder eine FDP/CDU-Regierung gab. Personalmangel und mangelhafte Ausstattung frustrieren die Beschäftigten, übrigens nicht nur die Pflegekräfte.

Auch viele Alten- und Pflegeinrichtungen befinden sich inzwischen im Besitz von privaten Konzernen und Hedgefonds. Immer noch gibt es keine angemessenen Löhne und keine ausreichende Personalausstattung. Daher verlassen viele Kolleg:innen diesen Bereich. Applaus und auch "Corona-Prämien" lösen nicht die Probleme, sondern nur Veränderungen.

 

Redaktion: Wie stellt sich die Situation der Beschäftigten an der Uniklinik dar? Haben die Kolleginnen und Kollegen das Gefühl, dass die Politik für sie etwas getan hat während Pandemie?

 

Martin Koerbel-Landwehr: Die kurze Antwort ist Nein! Ein paar warme Worte und einige Euro befriedigen nicht. Stattdessen ist die Belastung weiter gestiegen. Trotz der Pandemie mit der besonderen Belastung durch die Corona-Patient:innen wurden die Behandlungen von Patient:innen nicht reduziert. Im letzten Jahr waren die erbrachten ambulanten und stationären Leistungen im Klinikum sogar größer als im Vorkrisenjahr 2019.  Personalmangel, Umsetzungen in andere Arbeitsbereiche, Überstunden und erhöhte Krankenstände waren die Folge. Die Stimmung ist entsprechend schlecht.

 

Redaktion: Ver.di hat eine Entlastungskampagne an den sechs Uniklinik-Standorten in NRW gestartet. Die Arbeitgeber sollen damit gezwungen werden, verbindliche Mindestpersonalschlüssel einzuführen. Was genau ist geplant und wie wollt ihr den Druck auf die herrschende Politik erhöhen?

 

Martin Koerbel-Landwehr: Die Beschäftigten wollen endlich unter angemessenen Bedingungen arbeiten. Arbeit darf nicht krank machen. Daher sollen für alle Arbeitsbereiche, von der Station, über die Ambulanzen, im Labor, der Radiologie und der Physiotherapie, aber auch in der Küche oder dem Transportdienst verbindliche Schichtbesetzungen festgelegt werden. In den nächsten Wochen werden sich die Beschäftigten mit einer Petition, in der sie diese Forderung bekräftigen, an die Arbeitgeber und die Öffentlichkeit wenden und Tarifverhandlungen einfordern. Dann werden in den einzelnen Bereichen die Beschäftigten ihre eigenen Forderungen und Erwartungen formulieren. Denn sie selber wissen am besten, wie viele sie sein müssen, um ihre Arbeit bewältigen zu können. Wenn die Arbeitgeber auf die Forderungen nicht eingehen, sind natürlich auch Streiks wie in Berlin möglich.  All dies geschieht im Vorfeld der Landtagswahl. Daher werden auch die Politiker:innen gefragt, wie sie zu den berechtigten Forderungen stehen und ob sie die Anliegen der Beschäftigten unterstützen wollen.

 

Redaktion: Hätte eine solche Entlastung auch Auswirkungen auf die Beschäftigten anderer Krankenhäuser in NRW?

 

Martin Koerbel-Landwehr: Wenn es uns gelingt, einen Tarifvertrag für die sechs Uni-Kliniken in NRW durchzusetzen, strahlt dies natürlich auch auf die Beschäftigten in den anderen Krankenhäusern und der Altenpflege aus. Auch diese Kolleg:innen könnten sich dann auf den Weg machen. Aber es ist auch ein Signal an die Politik in NRW, endlich aktiv zu werden, und verbindliche Personalschlüssel für die Krankenhäuser und die Pflegeeinrichtungen gesetzlich zu regeln.

 

Redaktion: Nun eine Frage an dich in deiner Rolle als Gewerkschafter. Wie bewertest du die öffentliche Debatte um mehr Klimaschutz. Stehen – wie manche behaupten – die Interessen der Beschäftigten, wie beispielsweise in der Kohlegrube, einem wirksamen Klimaschutz entgegen?

 

Martin Koerbel-Landwehr: Auch wir Beschäftigte sind Menschen, die in einer gesunden Umwelt leben wollen. Die Umwelt darf nicht den Profitinteressen großer Konzerne untergeordnet werden. Natürlich brauchen abhängig Beschäftigte Arbeitsplätze und Einkommen. Aber nicht in der Umweltzerstörung und in der Rüstungsindustrie. Eine Konversion ist hier zwingend erforderlich. Arbeitsplätze müssen in "gesunden" und zukunftsfesten Bereichen geschaffen werden.

Ich lebe in Mönchengladbach am Rande des Braunkohletagebaus Garzweiler. Dort sieht man welche Auswirkungen dieser Raubbau an der Natur hat. Dörfer werden abgebaggert, die Bewohner verlieren ihre Heimat und auch ihre Arbeit. Der CO2-Ausstoß der Braunkohle schädigt uns dann Alle.

 

Redaktion:  Was hat dich dazu bewogen, DIE LINKE im kommenden Landtagswahlkampf zu unterstützen?

 

Martin Koerbel-Landwehr: Ich habe die Probleme in den Krankenhäusern und der Altenpflege beschrieben und auch die ökologischen Notwendigkeiten benannt. Ich mache seit 40 Jahren gewerkschaftliche Arbeit. Dabei habe ich die unterschiedlichen Landesregierungen in NRW erlebt. Aber keine der sie tragenden Parteien haben an der Situation wirklich etwas verändert. Auch die aktuelle Ampelregierung in Berlin zeigt, dass auch mit einem sozialdemokratischen Bundeskanzler keine andere Politik gemacht wird. Wir brauchen eine andere, eine linke Politik im Interesse der arbeitenden Menschen, der Schüler:innen, Student:innen und Rentner.innen. Dies geht nur mit Aktionen auf der Straße, mit Kämpfen in den Betrieben, Schulen und Hochschulen. Aber diese Kämpfe brauchen auch eine parlamentarische Unterstützung. Und diese kann im Augenblich nur DIE LINKE schaffen. Dafür brauchen wir wieder eine LINKE-Fraktion im Landtag.

 

Redaktion: Wir danken Dir für das Gespräch.